
Der Mindestkörperschaftssteuersatz ist in Planung: Was Unternehmen wissen müssen
Im Jahr 2015 schlossen sich mehr als 130 Länder unter dem Namen "OECD/G20 Inclusive Framework on Base Erosion and Profit Shifting" zusammen, kurz BEPS. Die internationale Zusammenarbeit soll "Regierungen nationale und internationale Regelungen an die Hand geben, um Steuervermeidung zu bekämpfen. Es soll sichergestellt werden, dass Gewinne dort besteuert werden, wo die wirtschaftlichen Aktivitäten, die zu den Gewinnen führen, durchgeführt werden und wo der Gewinn erwirtschaftet wird".
Das aktuellste BEPS-Programm besteht aus zwei Säulen, die den Ländern Empfehlungen zur Umsetzung geben. Die erste Säule schlägt eine Reihe von Leitlinien für die Zuweisung von Gewinnen und Besteuerungsrechten und die jeweils damit verbundenen steuerlichen Verflechtungen vor. Die zweite Säule wird als "Global Anti-Base Erosion Proposal" oder "GloBE" bezeichnet. Sie empfiehlt, den Ländern das Recht einzuräumen, "Steuern zurückzuzahlen", wenn Länder eine Mindeststeuer nicht erhoben oder ihre Besteuerungsrechte nicht wahrgenommen haben. Das übergeordnete Ziel: Die Bewältigung der steuerlichen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben, um sicherzustellen, dass international tätige Unternehmen mit einem Mindeststeuersatz besteuert werden.
Nach den meisten bestehenden Steuergesetzen ist eine physische Präsenz erforderlich, um eine lokale steuerpflichtige Präsenz oder Betriebsstätte zu begründen. Dieses Konzept ist in unserer digitalen Wirtschaft nicht mehr zeitgemäß. Multinationale Konzerne (MNU) können nun grenzüberschreitende Dienstleistungen elektronisch in Ländern erbringen, in denen sie nicht physisch präsent sind und so lokale Steuerpflichten vermeiden. Viele Expertinnen und Experten sind der Meinung, dass multinationale Unternehmen die Technologie und die Unterschiede in den lokalen Steuervorschriften nutzen, um offensiv zu beeinflussen, welche Steuern sie zahlen und wo sie diese zahlen.
Das BEPS-Netzwerk formuliert Empfehlungen zur Bekämpfung der offensiven Steuervermeidung, die jedoch von den einzelnen Ländern nach eigenem Ermessen umgesetzt werden müssen. Es besteht immer noch kein internationaler Konsens über die Besteuerung. Demnach bleiben Unstimmigkeiten bestehen, die von multinationalen Unternehmen ausgenutzt werden können. In Anbetracht des Fehlens einer globalen Steuerstruktur haben einige Länder ihre eigenen Vorschriften erlassen, um Steuern von multinationalen Unternehmen zu erheben, die keine lokale Präsenz vorweisen. Beispiele hierfür sind die australische Steuer auf abgezweigte Gewinne (manchmal auch "Google-Steuer" genannt) und die britische Steuer auf digitale Dienstleistungen.
Während eine weitgehende Angleichung an eine umfassende, standardisierte internationale Steuerstruktur nach wie vor schwer zu erreichen ist, könnte eine Einigung über die Kernprinzipien einer solchen nun in Reichweite sein.
1. Jüngste Bemühungen der G20 zur Umsetzung einer gerechten globalen Steuerarchitektur
Im Juli kamen die Länder des Inclusive Framework zusammen und einigten sich darauf, einen umfassenden Vorschlag für eine globale Steuerreform zu unterstützen. In einer gemeinsamen Erklärung der Finanzminister heißt es, dies sei "eine historische Vereinbarung über eine stabilere und gerechtere internationale Steuerstruktur".
Der Versuch, die internationale Struktur zu standardisieren, ist komplex und basiert auf den beiden Säulen des BEPS-Programms. Nachstehend sind einige Schlüsselelemente der vereinbarten Komponenten aufgeführt. Hierbei ist es wichtig anzumerken, dass diese Elemente noch Gegenstand weiterer Konsultationen und Vereinbarungen sind.
Erste Säule
- Die neuen Vorschriften gelten für multinationale Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von über 20 Mrd. Euro und einer Rentabilität von über 10 Prozent. Im Laufe der Zeit und unter Vorbehalt einer erfolgreichen Umsetzung kann der Schwellenwert auf 10 Mrd. EUR gesenkt werden.
- Es werden Maßnahmen ergriffen, um die Doppelbesteuerung zu verringern.
- Das Paket sieht eine "angemessene Koordinierung" zwischen einer neuen internationalen Steuerstruktur und der Abschaffung aller Steuern auf digitale Dienstleistungen (DST) und ähnlicher Maßnahmen vor.
Zweite Säule
- Dieses Element kann auf multinationale Unternehmen angewandt werden, die den Schwellenwert von 750 Millionen Euro erreichen (festgelegt im Rahmen der BEPS-Aktion 13, länderspezifische Berichterstattung). In Fällen, in denen ein Land den Mindestkörperschaftssteuersatz (15 Prozent nach dem derzeitigen Vorschlag) nicht erreicht, können grenzüberschreitende Einkünfte, die nicht mindestens mit dem Mindestsatz besteuert werden, je nach Szenario von den Behörden in bestimmten Ländern "aufgestockt" werden.
- Für die Zwecke der GloBE-Regeln wird ein Mindeststeuersatz von 15 Prozent eingeführt.
- Das Paket sieht eine "Subject to Tax Rule" (STTR) mit einem Mindestsatz zwischen 7,5 und 9 Prozent vor.
- Alle G20-Länder haben sich für eine globale Mindeststeuer von mindestens 15 Prozent ausgesprochen.
Die Unterstützung dieses Vorschlags stellt einen Wendepunkt beispielsweise für die USA dar, die sich zuvor gegen einen Mindeststeuersatz gewehrt hatten. Sie waren der Meinung, dass dieser amerikanische Technologieunternehmen ungerechtfertigt benachteiligen würde. In der aktuellen Erklärung wird auch die Koexistenz des globalen immateriellen Niedrigsteuereinkommen (GILTI) der USA hervorgehoben. Die Einzelheiten dieser Vereinbarung müssen jedoch noch festgelegt werden und könnten sich auf die Compliance-Anforderungen für in den USA ansässige Unternehmen auswirken.
2. Was die Änderungen des internationalen Steuerrahmens für Unternehmen bedeuten können
Obwohl die jüngsten Vereinbarungen sicherlich einen Fortschritt auf dem Weg zu einer standardisierten Steuerstruktur darstellen, ist es wahrscheinlich, dass es noch ein langer Weg ist bis Unternehmen diese neuen Vorschriften umsetzen müssen. Viele Einzelheiten dieser Zwei-Säulen-Steuerstruktur müssen noch spezifiziert werden, und es bleibt abzuwarten, ob sich die Länder auf die vorgeschlagenen Details einigen können.
Neben den Schwellenwerten enthält die OECD-Erklärung auch Ausnahmeregelungen, wie z. B. für Finanzdienstleistungen und es werden wahrscheinlich noch weitere Ausnahmen folgen. Es ist ferner wichtig zu bedenken, dass die Behörden vor großen Herausforderungen bei der Umsetzung stehen. So wird beispielsweise durch die erste Säule des BEPS-Frameworks die Besteuerungsgrundlage für rund 100 multinationale Unternehmen geändert. Mit dem Inkrafttreten dieses neuen Abkommens würden zwei verschiedene internationale Steuerrahmen geschaffen. Dies würde Staats- und Regierungschefs zwingen, Kriterien zur Bestimmung von betroffenen Unternehmen zu entwickeln.
Es ist wahrscheinlich, dass dieser Vorschlag in einigen Ländern, darunter Irland und Ungarn, auf Widerstand stoßen wird. Keines der beiden Länder hat die Zwei-Säulen-Erklärung der OECD unterzeichnet und beide haben einen Körperschaftssteuersatz, der unter dem vorgeschlagenen Minimum von 15 Prozent liegt. Die Einführung einer Mindeststeuer von 15 Prozent wäre wahrscheinlich nur durch eine EU-Richtlinie möglich, die die Unterstützung aller 28 Länder der Europäischen Union erfordert, darunter natürlich auch Irland und Ungarn. Sie werden ihre eigenen Interessen schützen wollen, indem sie ihre niedrigen Unternehmenssteuersätze beibehalten, die wiederum Investierende aus dem Ausland anziehen.
Die G20 werden im Oktober erneut zusammenkommen, um eine Einigung zu erzielen. Im Moment sollten multinationale Unternehmen ihre aktuellen Steuerpositionen sowie die von ihnen erbrachten Dienstleistungen und deren Standorte überprüfen. Dies ist ein geeigneter guter Ausgangspunkt, um die Auswirkungen neu vorgeschlagener globaler Steueränderungen zu prüfen. So können sie sich wirksam auf selbige einstellen, wenn diese tatsächlich eingeführt werden sollten.
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